Wem vertrauen die Deutschen?

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Ein Gastbeitrag von Ulrike Weiß

Und wie sieht es mit dem Vertrauen in anderen Ländern aus? Dieser Frage geht die weltweit operierende Kommunikationsagentur Edelman jedes Jahr nach. Dieses Jahr stand die repräsentative Umfrage des Edelman Vertrauensbarometers unter dem Motto gesellschaftliche Innovationen (2024 Edelman Trust Barometer Edelman).

Vertrauen ist das Schmierfett der Gesellschaft. Ohne Vertrauen geht nichts: Hat man ein Bankkonto, muss man der Bank vertrauen, dass man auch morgen noch Zugriff auf das Geld hat. Steigt man in ein Flugzeug, muss man Vertrauen haben, dass die Wartungen entsprechend gemacht wurden und das Flugzeug nicht abstürzt. Kauft man Lebensmittel, muss man Vertrauen haben, dass diese so produziert wurden, dass sie uns nicht schaden. Usw… Man muss Vertrauen haben, weil man nicht alles selbst überprüfen kann.

Das gesellschaftliche Vertrauen der Menschen steht im Jahr 2024 besonders im Fokus, da dieses Jahr ungefähr die Hälfte der Weltbevölkerung zu Wahlen aufgerufen ist. Die Interviewten wurden befragt, in welchem Maße sie der Regierung, Firmen, Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs) und den Medien vertrauen, Innovationen effektiv voran zu bringen. Innovationen sind wichtig, denn sie sind gleichbedeutend mit Wirtschafts- und Wohlstandswachstum und von daher essentiell für eine Gesellschaft.
Für die diesjährige Edelman-Umfrage wurden repräsentativ 32.000 Teilnehmer in 28 Ländern befragt. Die gesellschaftlichen Innovationen, um die es im Besonderen ging, waren grüne Energie, künstliche Intelligenz, genbasierte Medizin und GVO-Lebensmittel (gentechnisch-veränderte Organismen).

Einführung von Innovationen
Um es kurz zu machen, lt. den Befragten in Deutschland wird keiner Institution (Regierung, Firmen, NGOs, Medien) vertraut, Innovationen sicher, verständlich, zum Nutzen aller und leicht zugänglich in die Gesellschaft zu bringen. Wobei dies Firmen noch am ehesten zugetraut wird, nicht aber der Regierung. Unter den Firmen wiederum wird Familienunternehmen am meisten Vertrauen entgegengebracht und Staatsbetrieben am wenigsten.

Grüne Energie, künstliche Intelligenz, genbasierte Medizin und GVO-Lebensmittel
In Deutschland lehnen 24% der Befragten grüne Energie als Innovation ab, 38% nehmen sie an. Dies wird im Bericht bereits als Innovationserfolg und Enthusiasmus für grüne Energie bewertet. 50% lehnen künstliche Intelligenz ab, 17% nehmen sie an. 45% der Befragten lehnen genbasierte Medizin ab, 20% nehmen sie an.Am deutlichsten fällt das Ergebnis bei GVO-Lebensmittel aus: 68% lehnen dies ab und nur 8% stehen dem positiv gegenüber. Und es wird nicht besser.60% der befragten Deutschen meinen, dass die Regierung keine Kompetenz hat, Innovationen zu regulieren. Gleichzeitig sind 55% der Meinung, dass die Wissenschaft politisiert ist und 54% sagen, dass die Regierung und andere Organisationen, die Gelder für die Wissenschaft bereitstellen, zu viel Einfluss auf die Wissenschaft ausüben. Trotzdem wünscht sich die Mehrheit, wenn es um die Umsetzung von Innovationen geht, dass Wissenschaftler oder Fachleute hier die Hauptrolle spielen und nicht Politiker. Wissenschaftlern wird in diesem Zusammenhang das Vertrauen entgegengebracht, die Wahrheit über neue Technologien und Innovationen zu sagen (67%). Jedoch setzten mehr Befragte (72%) Vertrauen in „Jemand-wie-ich“, die Wahrheit diesbezüglich zu äußern. Am wenigsten Vertrauen wird hier Geschäftsführern/ Vorstandsvorsitzenden und Regierungen entgegengebracht.

Management von Innovationen
Befragt, wie die Regierung Innovationen managt, meinten 49% der Befragten, dass das Management schlecht sei, 14% meinten, das Management sei gut und 37% konnten sich nicht festlegen. Dass Deutschland in Sachen Innovation schlecht geführt werde, wird von Männern und Frauen und in allen Alters- und Gehaltsgruppen gleichermaßen so gesehen. In Saudi-Arabien zeigten sich 37% der Befragten zufrieden mit dem Management ihrer Regierung, 26% waren unzufrieden. Die 37%ige Zufriedenheit in Saudi-Arabien war übrigens der beste Wert in der Umfrage. Dies allein zeigt, dass die Regierungen dieser Welt ein Vertrauensproblem haben. Den schlechtesten Wert hatte die USA, wo 56% der Befragten aussagten, dass Innovationen schlecht gemanagt würden.

Generelles Vertrauen in Wirtschaft, NGOs, Medien und Regierung
Gefragt, ob sie der Wirtschaft vertrauen, waren die Antworten aus Deutschland neutral (weder Vertrauen noch Misstrauen). Das meiste Vertrauen in ihre Wirtschaft haben Inder und Chinesen. Misstrauen gegen die Wirtschaft hegen Briten und Südkoreaner.
Deutschland und Japan bilden die Schlusslichter, wenn es um Vertrauen in NGOs geht.
In beiden Ländern misstraut man solchen Institutionen. Indien, Kenia und Nigeria sind die Länder, in denen NGOs am meisten Vertrauen entgegengebracht wird.
Die meisten Deutschen misstrauen den Medien. Das größte Vertrauen in Medien haben China, Indonesien und Thailand. Das größte Misstrauen gegen die Medien haben Argentinien, Japan und Großbritannien.
Die Deutschen vertrauen ihrer Regierung nicht, sie misstrauen ihr. Dies war bereits das Ergebnis des letzten Jahres und ist dieses Jahr nochmals um 5 Punkte schlechter geworden. Die Spitzenreiter beim Vertrauen in die Regierung sind Saudi-Arabien, China und die Vereinigten Arabischen Emirate. Das Schlusslicht (größtes Misstrauen) bilden Großbritannien, Südafrika und Argentinien.

Fazit
Es ist keine ganz neue Erkenntnis, dass das Misstrauen in Deutschland groß ist. Andere Umfragen kamen und kommen zu einem ähnlichen Ergebnis, z. B. “Vertrauen in die deutsche Regierung 2023 | Statista”.

Die Gründe für das Misstrauen sind mannigfaltig und wurden in der Umfrage nicht erfragt.
Aus unserem täglichen Leben wissen wir jedoch, dass die Politik uns z.B. grüne Energie als preiswerte Energie versprochen hat, die Strompreise im realen Leben jedoch stetig steigen.

Selbstverständlich sind sich die Regierungen des Vertrauensverlustes bewusst. So fand z.B. das diesjährige Treffen des World Economic Forum (WEF) unter dem Motto “Vertrauen wiedergewinnen” statt.