Ein Gastbeitrag von Petra Fischer
Erlenbach Dienstag 9.1.: Eine Karawane nicht enden wollender, orangeleuchtender Traktoren schlängelt sich durch die dunklen Weinberge oberhalb des kleinen Örtchens bei Heilbronn.
Unten im Tal ist die Sulmtalhalle taghell erleuchtet und von Polizei und Security hermetisch abgeriegelt. Landwirtschaftsminister Cem Özdemir wird hier mit lauten Buhrufen zum „Bürgerdialog“ begrüßt.
Hier treffen wir Thomas Schmidt, stellvertretender Sprecher der AfD vom Kreisverband Hohenlohe/Schwäbisch Hall und selbst aus einer Familie mit Landwirtschaft kommend.
Bereits seit Gründung der EU sieht er die Landwirtschaft mit einem Tsunami unsinniger Bürokratie und Regelwerke konfrontiert, die alle nicht den versprochenen Effekt im Sinne von Tierwohl und Umweltschutz hatten. Langstrecken-Viehtransporte statt Hofschlachtung im Familienbetrieb, Kartoffeln aus Südafrika und Fleisch aus Ländern, in welchem Tierschutz ein Fremdwort ist … während unsere heimische Landwirtschaft harten CO2 Auflagen und Tierschutzbestimmungen unterworfen wird. Er sieht einen Dexit als notwendig an, unter Beibehaltung notwendiger Handelsabkommen, damit traditionelle Landwirtschaft in Familienbetrieben wieder möglich wird.
Auch im Saal sind die meisten der auf den „Bürgerdialog“ wartenden Besucher nicht gut auf Özdemir zu sprechen. Nach seiner Rede spricht er nur mit einigen wenigen der anwesenden Landwirte – auf einen offenen Bürgerdialog wartet man vergebens.
Am nächsten Abend lernen wir bei einem großen Mahnfeuer vor Öhringen den erst 25-jährigen Michael Schnurr kennen. Er bewirtschaftet in Hessigheim einen Selbstvermarktungsbetrieb in dritter Generation mit Weinbau und Tierhaltung mit Hofschlachtung.
Im Betrieb helfen die Eltern und Geschwister alle zusammen mit. Der Arbeitstag beginnt unbarmherzig um 3 Uhr früh und endet erst nach 21 Uhr. Freizeit und Urlaub sind hier Fremdworte. An Hilfspersonal ist nicht zu denken. Zum einen wurde die Erlangung von Qualifikationen durch unzählige Bescheide und erforderliche Nachweise erschwert. Zum anderen ist auch mit der Aufstockung des Bürgergeldes den Menschen der Anreiz für Arbeit entzogen worden.
Auch Michael klagt über Bürokratie und Kontrollen: Düngeverordnung, Pflanzenschutz, Tierwohl, Antragsstellung über Ausgleichszahlungen… alles muss dokumentiert werden. In strengen engmaschigen Kontrollen werden Hygienestandard und sämtliche landwirtschaftlichen Maschinen kontrolliert und bemängelte Kleinigkeiten mit sofortigem Bußgeld belegt.
Er sieht eine gleiche Behandlung aller EU-Mitgliedsstaaten als Grundvoraussetzung. Damit sich am Markt wieder Wettbewerb und faire Preise bilden können. Und damit der Beruf des Landwirts wieder aufgewertet und wertgeschätzt wird.
Sollte die Politik ihren bisherigen Kurs fortsetzen, sieht Michael schwarz: Viele Industriefirmen würden dann ins Ausland abwandern, weil sich in Deutschland das Produzieren nicht mehr lohnt, landwirtschaftliche Betriebe würden Konkurs anmelden. Dafür sorge schon allein die Lawine an Bürokratie, dass auch die wenigen, die noch bereit wären zu lernen und einen Betrieb zu übernehmen, schlicht und ergreifend die Lust verlieren werden.
Ein Ende der Flut an Gesetzesvorhaben ist momentan nicht abzusehen.
Mit der Industrie und Landwirtschaft untergehen werden Metzgereien, Bäckereien und in deren Sog der deutsche Mittelstand.
Aber noch lebt der Patient und Michael sagt, sie würden weiter demonstrieren gehen, seien gut vernetzt und bereit, alles zu geben… Denn etwas Besseres als den Tod finden sie überall.