auf den Artikel „Was Bauern auf die Straße treibt“ (Ausgabe 14)
von Michael von Karpowitz
Zum Verstehen der Bauernproteste ist die Betrachtung der landwirtschaftlichen Struktur in Deutschland interessant. In den Jahren zwischen 2010 und 2021/-22 haben in Deutschland von 266.000 Höfen, mit Flächen bis zu jeweils 100ha, 45.000 Landwirte ihre Betriebe aufgeben.
Damit verringerte sich deren zu bewirtschaftende Fläche von 7,5 Mio. ha auf 6,2 Mio. ha. In derselben Zeit wuchs die Anzahl der Großbauern, oftmals juristische Personen, unter anderem zu Konzernen gehörend, von ca. 34.000 auf 38.000 Betriebe, ebenso deren Flächen von 9,1 Mio. auf 10,4 Mio. ha an. Das heißt, die verbliebenen 220.000 kleinen und mittelständischen Landwirte bewirtschaften 37% der gesamten Ackerflächen. Dagegen verfügen gerade 38.000 Großbauern und Konzerne über 63% der deutschen landwirtschaftlichen Flächen. In den Jahren 2010 bis 2021 ist der Export deutscher Agrarprodukte der Großflächenbetriebe (101 bis 1.000ha je Betrieb) von 53 Mio. auf 91 Mio. € gestiegen.
Zusammenfassend versorgt die protestierende Mehrheit (220.000) der Landwirte die jeweils regionale Bevölkerung, während die Großbetriebe von ihrem Export profitieren und gleichzeitig Subventionsempfänger sind. Der Verbandspräsident Joachim Rukwied selbst gehört mit seinem Betrieb (ca. 350ha) zu den Großbetrieben, weiterhin steht er als Aufsichtsratsmitglied der Aktiengesellschaften Südzucker und BayWa in deren Verpflichtung.
Im Moment nützt der Bauernprotest im Wesentlichen den landwirtschaftlichen Groß- und Konzernbetrieben. Die 220.000 Klein- und Mittelbetriebe sind in der Regel die Regionalversorger und wären in einem eigenen „Verband der regionalen Landwirtschaft“ sicher besser aufgehoben und könnten ihre Ziele viel konkreter gegenüber der Politik vertreten.
Als weiterer Punkt sind diese Betriebe deutlich näher an den Zielen der UN-Resolution für nachhaltige Entwicklung, die 2015 von 192 Ländern, inkl. Deutschland, unterzeichnet wurde. Mit der Unterzeichnung ist die damalige Bundesregierung unter der Führung von Angela Merkel die Verpflichtung eingegangen, die Bürger in die Verwirklichung der Ziele aktiv (!) einzubeziehen.
Aus Angst vor den Wählern geschah herzlich wenig, mit dem Ergebnis der Unruhe im Land, denn Veränderungen kommen. Entweder bereitet man sein Land darauf vor oder wartet, bis die wirklichen Probleme, wie Artenschwund, Bodendegeneration, sinkendes Grundwasser, Ressourcenverbrauch (Energie, Nahrung, Wasser, Boden) und Vermüllung definitiv da sind.
Hier sind bestimmt Ansätze, mit denen ein eigener Verband der regionalen Landwirte, in Berlin und Brüssel ein positives Feedback bekommen wird.