ein Tatsachenbericht
Am Samstag, den 29. Mai 2021 war ich mit meiner Mutter (95) in meiner Heimatstadt Schwäbisch Gmünd unterwegs. Wir wollten zum Kochlöffel – meine Mutter liebt Hähnchen mit Pommes – und – oh Wunder! – es standen endlich wieder Tische draußen. Ich schob meine Mutter an einen Tisch.
„Mama warte kurz, ich hol das Essen.“
„Oh ja“ entgegnete meine Mutter mit einem Lächeln, denn nach den ganzen Maßnahmen im Pflegeheimen war für sie die Aussicht auf ihr Lieblingslokal wie jene auf einen Kurzurlaub.
Ich also rein, Bestellung: ein halbes Hähnchen-Menü, zum Trinken nur Wasser im Becher, denn Kohlensäure mag Mama nicht.
Durch das Schaufenster sehe ich meine Mutter draußen in ihrem Rollstuhl sitzen; eine Maske kann sie wegen der zwei Hörgeräte nicht tragen und die Diskussionen um ein Attest will ich nicht führen; deshalb muss ich sie wie einen Hund draußen stehen lassen, aber immerhin an einem Tisch, mit Aussicht auf ihr
Lieblingsessen.
„Hat Mama ein negativen Test?“ fragt mich die Bedienung, während ich zahle. „Ähhhhh?“
Ich sehe die nette Dame leicht irritiert an. Sie kennt uns, wir kamen zwei bis drei Mal im Monat vor Corona. „Im Heim wird einmal die Woche getestet, aber einen aktuellen hat sie nicht, nein“, sage ich – ahnend worauf das Fragespiel abzieht. „Aber Mama ist geimpft…?“, kommt es mit leichtem Akzent aus dem Mund der Angestellten. „Nein! Meine Mutter will nicht geimpft werden“, erkläre ich. „Dann kann
Mutti auch nicht sitzen!“