Landesverfassung und Bürgerbeteiligung

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Demokratie wagen – Machen ist wie wollen; nur krasser

Immer mehr Bürger sind mit den Entscheidungen der Regierenden, sowohl auf Landes- als auch auf kommunaler Ebene, mehr als unzufrieden. Auch zeigt die Erfahrung der letzten Jahrzehnte, dass es ziemlich gleichgültig ist, wer im Polittheater gerade die Hauptrolle spielt und wer die Nebenrollen besetzt. Die Ent-Täuschung der Bürger führt zu Parteienfrust, Politikverdrossenheit und schlussendlich zu sinkenden Wahlbeteiligungen. Damit spielen sich die Akteure auf der politischen Bühne bewusst ins Abseits, um außerhalb des Rampenlichts ungeniert agieren zu können. Vor dem Hintergrund des steilen Absturzes sowohl von Wirtschaft und Wohlstand als auch Gerechtigkeit und Anstand im Ländle,
wird es höchste Zeit, dass wir Bürger die Geschicke unseres Landes selbst in die Hand nehmen und von unseren verfassungsgemäßen Rechten Gebrauch machen.

In der Landesverfassung heißt es dazu: „Die Staatsgewalt geht vom Volke aus…“ und „Das Volk kann die Befassung des Landtags mit Gegenständen der politischen Willensbildung im Zuständigkeitsbereich des Landtags, auch mit einem ausgearbeiteten und mit Gründen versehenen Gesetzentwurf, beantragen.“ Die Verfassung des Landes Baden-Württemberg räumt den Bürgern ganz konkrete und umfassende Rechte ein: Auf der Ebene des Landes sind Volksanträge, Volksbegehren und Volksabstimmungen möglich. In den Gemeinden können Bürgerbegehren und Bürgerentscheide durchgeführt werden.

Gegenstand eines Volksantrags kann jedes Thema der politischen Willensbildung, auch ein Gesetzentwurf, sein. Die Zulassung eines Volksantrags ist beim Landtag zu beantragen. Der Antrag muss nur von mindestens 0,5 Prozent der bei der letzten Landtagswahl oder Volksabstimmung Wahlberechtigten unterschrieben sein. Gegenstand eines Volksbegehrens kann ein Gesetzentwurf zur Änderung der Landesverfassung, ein sonstiger Gesetzentwurf, auch ein als Gesetzentwurf eingebrachter Volksantrag, dem der Landtag nicht unverändert zugestimmt hat, oder die Auflösung des Landtags sein. Der Antrag muss von 10.000 zur Landtagswahl wahlberechtigten Personen unterschrieben werden. Die Unterstützung eines zugelassenen Volksbegehrens erfolgt in amtlicher Sammlung über drei Monate durch Eintragung in bei den Gemeinden ausliegende Eintragungslisten und in freier Sammlung über sechs Monate durch Eintragung in Eintragungsblätter. Das Volksbegehren ist erfolgreich, wenn es von mindestens einem Zehntel der Wahlberechtigten unterstützt wird. Stimmt der Landtag der Gesetzesvorlage nicht unverändert zu, findet anschließend eine Volksabstimmung statt. Bei der Volksabstimmung über ein Gesetz entscheidet die Mehrheit der gültigen Stimmen, außerdem muss mindestens ein Fünftel der Stimmberechtigten zustimmen.

Ein Bürgerentscheid kommt für Angelegenheiten innerhalb des Wirkungskreises der Gemeinde infrage. Dieser wird von Bürgern mit einem Bürgerbegehren eingeleitet. Bei einem Bürgerentscheid stimmen die wahlberechtigten Bürger der Gemeinde über die gestellte Frage ab. Die Mehrheit der gültigen Stimmen (ja oder nein) entscheidet. Diese Mehrheit muss jedoch zugleich mindestens 20 Prozent aller Stimmberechtigten betragen. Ist dies nicht der Fall, hat der Gemeinderat die
Angelegenheit zu entscheiden. Eine weitere Möglichkeit zur Eigeninitiative auf Gemeindeebene ist der Einwohnerantrag. Mit diesem können die Bürger die Behandlung einer bestimmten Angelegenheit im Gemeinderat beantragen.

Bürgerentscheide und Bürgerbegehren sind in fast allen Angelegenheiten der Gemeinde möglich, für die der Gemeinderat zuständig ist!

Interessant ist noch zu wissen, dass für die Bürger keine Kosten entstehen. Und die jeweiligen Behörden und Ämter müssen im Rahmen der Verfahren Auskunft erteilen! Dies stellt eine erfolgversprechende Möglichkeit dar, an Informationen zu kommen, die sonst so nicht zugänglich sind. Aus Sicht des Autors sollten die den Bürgern zustehenden Rechte, in Anbetracht der auf dem Spiel stehenden Zukunft des Landes, seiner Bürger und der nächsten Generation, unbedingt genutzt werden. Gerne bietet sich
der Autor an, Interessierte zu vernetzen und entsprechende Initiativen zu unterstützen. In einem ersten Schritt könnten wir KLARTEXT nutzen, um Ideen für Bürgerentscheide zu sammeln und zu veröffentlichen. Wer Interesse an diesem Vorhaben und Ideen für mögliche Themen hat, schreibt bitte an die Redaktion.